Aus welchen Gründen werden Menschen mit Demenz in das Krankenhaus eingewiesen? Wissenschaftlerinnen der Universität Bremen und der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben den aktuellen Stand der Forschungsliteratur erfasst. Doch sie wissen auch: Krankenhausaufenthalte können vermieden werden, wenn die rechtzeitige ambulante Versorgung von Menschen mit Demenz gestärkt werden würde.
Menschen mit Demenz haben gegenüber gleichaltrigen Menschen ohne Demenz ein um das 1,4- bis 3,6-fach erhöhte Risiko, in ein Krankenhaus eingewiesen zu werden. Mehr noch. Stationäre Aufenthalte stellen oft eine hohe Belastung dar und können den Rückgang kognitiver und motorischer Fähigkeiten beschleunigen. Zudem können bei stationär aufgenommen Menschen mit Demenz etwa aufgrund der ungewohnten Umgebung verstärkt Verhaltensänderungen und Orientierungsprobleme auftreten. Des Weiteren werden innerhalb dieser Patientengruppe häufiger Behandlungskomplikationen beobachtet.
Internationale Literaturübersicht
Die 2022 veröffentlichte Literaturübersicht über 14 internationale Studien konzentriert sich auf die Gründe für eine Krankenhauseinweisung von Menschen mit leichten kognitiven Einschränkungen (MCI) und Menschen mit Demenz. Nicht berücksichtigt wurden unter anderem Aufenthalte in der stationären Langzeitpflege, in der stationären Palliativversorgung und der tagesklinischen Versorgung. In den jeweiligen Einzelstudien betrug die Anzahl der Studienteilnehmenden durchschnittlich 879 Personen. Das Alter der Menschen mit leichten kognitiven Einschränkungen bewegte sich zwischen 75,8 und 86,2 Jahren, während Menschen mit Demenz zwischen 80,7 und 86 Jahre alt waren.
Zu den meistgenannten Gründen für eine Einweisung ins Krankenhaus zählten Infektionskrankheiten, insbesondere der Atemwege und der Harnwege sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie zum Beispiel Herzinsuffizienz. Auch Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes werden genannt. Hinzu kommen Verletzungen, Vergiftungen, Frakturen oder Stürze, aber auch Bewusstseinsstörungen und psychologische Symptome.
Demenz kein Hauptgrund
Die Autor*innen stellen klar, dass „die Demenzerkrankung oftmals nicht der primäre Einweisungsgrund“ ist. Vielmehr finden sich in der Literatur Hinweise darauf, so die Forscher*innen, dass es sich „um potenziell vermeidbare Krankenhausaufenthalte“ handelte, hätte „eine rechtzeitige und adäquate ambulante Behandlung stattgefunden“. Studien gehen davon aus, „dass etwa jeder vierte Krankenhausaufenthalt von Menschen mit Demenz und Menschen mit leichten kognitiven Einschränkungen vermeidbar ist.“
Beteiligte Akteure sensibilisieren
Deshalb gelte es zum Beispiel, „die beteiligten Akteure in der gesundheitlichen Versorgung wie Hausärzte und Pflegekräfte zu sensibilisieren.“ Doch auch eine umfassende Sensibilisierung der Angehörigen und der Betreuerinnen und Betreuer Menschen mit MCI und Menschen mit Demenz könne dazu beitragen, Krankenhauseinweisungen zu reduzieren, indem die Bezugspersonen bei der ambulanten Versorgung unterstützten. Einen Beitrag dazu könnten von der Bundesärztekammer empfohlene Demenzbeauftragte in den Landesärztekammern leisten, betonen die Autor*innen. Zu einer Reduzierung der Krankenhausaufenthalte könnten auch die nicht-pharmakologische Behandlung von nichtkognitiven Symptomen führen.
Nur zwei der in der Forschungsübersicht betrachteten Studien wurden in Deutschland durchgeführt. Deshalb weisen die Autor*innen darauf hin, dass die Ergebnisse der internationalen Studien „auf das deutsche Gesundheitssystem möglicherweise nur bedingt übertragbar sind.“
Tipp für die Praxis: Pflegende An- und Zugehörige können Menschen mit Demenz oder MCI unterstützen, wenn diese ambulante Versorgungsangebote wie zum Beispiel spezielle Behandlungs- und Schulungsprogramme in Anspruch nehmen.
Hier geht’s zur Studie: Krankenhauseinweisungsgründe für Menschen mit Demenz – ein Scoping-Review