Per Mausklick in die Sprechstunde: Nicht erst seit Corona ist diese Möglichkeit noch stärker in den Fokus gerückt. Schon Ende vergangenen Jahres wurde die Telemedizin durch das neue Digitale Versorgung-Gesetz gestärkt. Zwei US-amerikanische Studien haben sich mit Telemedizin bei Demenzerkrankungen befasst.
Anlass der Studie von Jamie L.Adams und Kolleg*innen der Universität Rochester war die Diskrepanz zwischen dem Anstieg altersbedingter neurologischer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson auf der einen Seite und dem Mangel an neurologischen Behandlungsmöglichkeiten, speziell im ländlichen Raum, auf der anderen Seite. Dabei sei etwa die Alzheimer-Erkrankung in ländlichen Gegenden stärker verbreitet – also ausgerechnet dort, wo es eher wenige Neurologen gibt. Da Alzheimer ebenso wie Parkison mit geistigen und motorischen Beeinträchtigungen einhergehe, sehen die Autor*innen gerade hier Vorteile der Telemedizin. In ihrer Arbeit haben sie den aktuellen Stand über die Wirksamkeit von Telemedizin bei neurologischen Erkrankungen zusammengefasst und sich dabei auf Alzheimer und Parkinson konzentriert.
Studien: Telemedizin eignet sich für Alzheimer-Behandlung
In Bezug auf den Nutzen von Telemedizin für Alzheimer-Betroffene haben die Forscher*innen sechs Studien aus den Jahren 2016 bis 2019 untersucht und sind insgesamt zu einem positiven Ergebnis gekommen: Telemedizinische Behandlungen der Alzheimer-Erkrankungen seien praktikabel und würden sowohl von Betroffenen als auch von deren Angehörigen gut angenommen. Im Vergleich zu persönlichen Besuchen beim Arzt spare Telemedizin Zeit und Kosten. Nach den Recherchen der Autor*innen eignet sie sich für verschiedene Zwecke: Sie könne für rehabilitationsmedizinische Versorgung eingesetzt werden, die Betroffenen den Umgang mit der Erkrankung erleichtern soll. Auch Demenz-Testverfahren wie der sogenannte Mini-Mental-Status-Test ließen sich telemedizinisch durchführen. Zudem eigne sich Telemedizin zur Unterstützung pflegender Angehöriger.
Telemedizin führte zu veränderter Versorgung
Dass telemedizinische Arztbesuche wirksam sind, zeigte sich den Forscher*innen in einer veränderten Versorgung der Patienten: So führten die Behandlungen häufig zu Veränderungen bei der Arzneimittelvergabe sowie zu weiterführenden Behandlungen oder Unterstützungsleistungen, etwa durch Sozialarbeiter oder Gerontologen. Nach Einschätzung von Adams und seinem Team wird der Einsatz von Telemedizin bei Alzheimer die Belastung der Betroffenen verringern und den Zugang zu fachärztlicher Behandlung verbessern.
Vergleich zwischen persönlichen Besuchen und Telemedizin
Die Autor*innen einer zweiten Studie kommen zu einem ähnlich positiven Ergebnis, auch wenn die Akzeptanz einer telemedizinischen Behandlung eher gering war. Lauren A. Moo und Kolleg*innen luden für ihre Untersuchung ambulante Patienten einer Demenzklinik ein, an Telemedizin-Sitzungen teilzunehmen. Von 222 Familien erklärten sich nur 38 zur Teilnahme am telemedizinischen Programm bereit, während 184 dies ablehnten. Das Fehlen eines Computers, Bequemlichkeit, keine Unterbrechung der gewohnten Routine – dies waren die Hauptgründe derjenigen, die sich gegen das Angebot entschieden. Beide Gruppen verfügten über einen ähnlichen Ausbildungsstand, allerdings war Gruppe der Telemedizin-Befürworter etwas jünger (durchschnittlich 79 Jahre gegenüber 84 Jahre).
Alternative für Betroffene in ländlichen Gegenden
Die Wissenschaftler*innen verglichen dann die Erfahrungen der Betroffenen zwischen persönlichen Besuchen und Videobesuchen. Es zeigte kein nennenswerter Unterschied: Die Befragten waren mit den Telemedizin-Besuchen ähnlich zufrieden wir mit persönlichen Behandlungen. Nach Ansicht der Autor*innen zeigen die Ergebnisse, dass Telemedizin sich für die Behandlung bei Demenz gut eignet, insbesondere für Betroffene in ländlichen Gebieten und andere Menschen, für die der Weg in eine Spezialklinik beschwerlich ist.
Hier finden Sie die beiden Studien:
Telemedicine: A Valuable Tool in Neurodegenerative Diseases (März 2020)
Home-Based Video Telemedicine for Dementia Management (März/April 2020)