Chinesische Forscher*innen haben einen Zusammenhang zwischen Passivrauchen und geistiger Leistungsfähigkeit bei Frauen ab dem mittleren Alter herausgefunden. So zeigten Frauen, die 45 Jahre oder älter waren und mehr als 40 Jahre lang in ihrem Zuhause Passivrauch ausgesetzt waren, einen deutlichen Rückgang der Leistungsfähigkeit. Dabei waren einige Bereiche besonders betroffen, andere hingegen gar nicht.
Hintergrund der Untersuchung von Anying Bai und Kolleg*innen von der Universität Peking ist zum einen die auch in China steigende Anzahl von Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen vor dem Hintergrund der alternden Bevölkerung. Zum anderen weisen die Forscher*innen auf die wachsenden Erkenntnisse über vermeidbare Risikofaktoren hin, zu denen auch das Passivrauchen zählt. Zumal Passivrauchen in früheren Studien auch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Schlaganfall in Verbindung gebracht wurde, die wiederum Risikofaktoren für geistige Beeinträchtigungen und Demenz darstellen.
Anteil der Passivraucher*innen in China gestiegen
Zwar ist der Anteil der Raucher in China in den vergangenen Jahren zurück gegangen, doch die Anzahl der Menschen, die Passivrauch ausgesetzt sind, ist aufgrund des Bevölkerungswachstums gestiegen. Den Autor*innen zufolge könnte Passivrauchen im Hinblick auf die geistige Leistungsfähigkeit ähnlich schädlich wirken wie aktives Rauchen, einschließlich schlechterer Leistungen der allgemeinen Intelligenz, des Gedächtnisses und der feinmotorischen Geschicklichkeit.
Bei ihrer Arbeit ging es den Forscher*innen darum, einen möglichen Zusammenhang zwischen Passivrauchen und geistiger Leistungsfähigkeit bei älteren, nicht rauchenden Frauen über einen längeren Zeitraum zu untersuchen. Im Fokus stand dabei, wie sich eine bestimmte Dauer des Passivrauchens auf die geistigen Fähigkeiten auswirkt und ob bestimmte Bereiche besonders betroffen sind.
Knapp 6.900 Frauen befragt
Dazu werteten die Forscher*innen die Angaben von insgesamt 6.875 chinesischen Frauen der China Health and Retirement Longitudinal Study über einen Zeitraum von vier Jahren aus. 2.981 der Frauen wurden 2011 befragt, 2.471 im Jahr 2013 und 1.894 im Jahr 2015. Zu Beginn der Befragungen waren die Frauen nicht geistig beeinträchtigt. Die Forscher*innen verfügten auch über Informationen zu Alter, Wohnort (ländlich oder städtisch), Bildungsstand, Einkommen, chronischen Krankheiten und depressiven Symptomen.
Vier Kategorien je nach Dauer des Passivrauchens
Sie teilten die Frauen in vier Gruppen ein, je nachdem, wie lange sie Passivrauch ausgesetzt waren: unter 25 Jahren, 25 bis 29 Jahre, 30 bis 39 Jahre, 40 Jahre oder mehr. Dabei wurde nur der Passivrauch zuhause einbezogen, in der Regel verursacht durch den Ehemann. Mögliche Einflüsse von außen wurden nicht berücksichtigt.
Im Hinblick auf die geistige Leistungsfähigkeit untersuchten die Autor*innen vier Bereiche:
- die globale kognitive Funktion: gemeint sind allgemeine geistige Fähigkeiten, die die bewusste Wahrnehmung und Wachheit betreffen.
- die visuell-räumliche Fähigkeit, die unter anderem die Fähigkeit beinhaltet, Räume in zwei oder drei Dimensionen wahrzunehmen. Hier sollten die Befragten zum Beispiel zwei sich überlappende Pentagrammme (fünfzackige Sterne) nachzeichnen.
- die Orientierung und Aufmerksamkeit: hier waren unter anderem genaue Angaben zum Datum, Monat, Tag und zur Jahreszeit gefragt sowie die Fähigkeit, eine Zahl in einer vorgegebenen Reihenfolge zu subtrahieren.
- das episodische Gedächtnis, das hier untersucht wurde, indem sich die Befragten zehn Wörter merken sollten – kurzfristig und über einen längeren Zeitraum.
Aufmerksamkeit und Orientierung nicht betroffen
Die Ergebnisse zeigten einen starken Zusammenhang zwischen der geistigen Leistungsfähigkeit der Frauen und Passivrauchen, wenn sie dem mindestens 40 Jahre ausgesetzt waren. Im Vergleich zu denjenigen, in deren Haushalt nicht geraucht wurde, ließen bei allen Frauen, die 40 Jahre oder länger mit einem rauchenden Ehemann zusammenlebten, die globale kognitive Funktion, die visuell-räumliche Fähigkeit und die episodische Gedächtnisfunktion deutlich schneller nach. Die Orientierung und Aufmerksamkeit waren jedoch nicht beeinträchtigt. Zudem fanden die Forscher*innen heraus, dass ein hoher Bildungsgrad, das Leben in einer städtischen Umgebung und ein jüngeres Alter sich positiv auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirkten.
In ihrer Arbeit gehen sie auch auf mögliche Erklärungen für den untersuchten Zusammenhang ein. So könne Passivrauchen etwa ein starker Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein und dadurch zu einer Reihe von gesundheitlichen und geistigen Problemen im späteren Leben führen. Sie empfehlen daher dieses Thema weiter zu untersuchen.
Die vollständige Studie finden Sie hier:
Impact of secondhand smoke exposure on cognitive function among middle-aged and older women in China: findings from three waves of the China Health and Retirement Longitudinal Study (Okt 2020)