Demenzsymptome regulieren. Erinnerungen teilen. Gemeinsamkeit genießen. – Die bisherige Forschung deutet darauf hin, dass musik- und lesetherapeutische Angebote für Menschen mit Demenz und deren pflegende Angehörige verschiedene positive Auswirkungen haben. So können beispielsweise Symptome der Demenz vermindert, das Wohlbefinden verbessert und die Beziehung zwischen Pflegenden und Gepflegten gestärkt werden.
In der internationalen klinischen Forschungsstudie HOMESIDE wird die Wirkung eines Musik- und Leseangebots für Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen erstmals umfassend wissenschaftlich untersucht. Hierzu werden die pflegenden Angehörigen von ausgebildeten Fachkräften angeleitet und dabei unterstützt, Musik- oder Leseaktivitäten im Alltag einzusetzen. Insgesamt soll mit dem Projekt die häusliche Pflege von Menschen mit Demenz unterstützt und erleichtert werden.
Frau Dr. Laura Blauth und Frau Carina Petrowitz sind Musiktherapeutinnen und Wissenschaftlerinnen an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Sie sind an der Leitung der klinischen Studie HOMESIDE beteiligt und haben diese in unserem Webinar vorgestellt.
Hier gibt es das Webinar als PDF zum Download.
Fragen der Teilnehmer*innen und Antworten von Dr. Laura Blauth und Carina Petrowitz:
Auch wenn ein Angebot sehr individuell an den Wünschen, Bedürfnissen und biographischen Besonderheiten der Teilnehmenden orientiert ist, gibt es ein festgelegtes Protokoll darüber, welche Methoden und musiktherapeutischen Techniken angewendet werden. Alle Musikangebote in der HOMESIDE Studie werden von ausgebildeten Musiktherapeut*innen durchgeführt.
Es lassen sich insgesamt sehr große Unterschiede zwischen den Ländern feststellen, da Musiktherapie international einen sehr unterschiedlichen Stellenwert innerhalb der Gesundheitssysteme hat. Zum Beispiel ist die Musiktherapie in den teilnehmenden Ländern Großbritannien und Australien ein sehr etabliertes Therapieverfahren. Dort ist, anders als in Deutschland, die Berufsbezeichnung des Musiktherapeuten geschützt, wohingegen beispielsweise in Polen Musiktherapie noch in den Anfängen der Entwicklung steckt.
Der international weit verbreitete Mini Mental Status Test (MMST) wird einmal vor Aufnahme in die Studie und zum zweiten Mal drei Monate nach Aufnahme durchgeführt. Mit diesem Test werden die kognitiven Fähigkeiten begutachtet. Darüber hinaus ist unser Hauptmessinstrument der NPI-Q, der Auskunft über die Schwere der verhaltensbezogenen Symptome gibt.
Es finden innerhalb von zwölf Wochen drei Termine mit der Musiktherapeut*in per Videokonferenz statt, in denen das gemeinsame Musikerleben im Vordergrund steht. Dafür nehmen wir uns so viel Zeit wie wir benötigen. Ergänzend dazu werden die Teilnehmenden telefonisch begleitet. In den Telefonaten fragen wir die Teilnehmenden, wie es ihnen geht. Wir besprechen die Erlebnisse und Erfahrungen mit der Musik, um die nächsten Termine gut vorbereiten und weitere Unterstützung geben zu können. Die Telefonate sind eine wichtige Ergänzung zu den gemeinsamen Musikterminen per Videokonferenz.
Anekdotische Erfahrungen von der positiven Wirkung von Musik sind die Grundlage für Forschungsstudien. Viele kleinere Studien haben bereits Hinweise darauf gegeben, dass Musiktherapie bei Demenz effektiv hilft. Es ist jetzt wichtig, dass große Forschungsstudien durchgeführt werden, weil nur so die Möglichkeit besteht, die Wirkung umfassend wissenschaftlich zu untersuchen und international anerkannte Erkenntnisse zu gewinnen.
Nein, leider nicht. Musiktherapie ist in Deutschland keine Kassenleistung. Unsere Forschungsstudie hat aber das Ziel, die positive Wirkung von der Intervention zu beweisen, damit Musiktherapie in Zukunft abgerechnet werden kann.
Dienstag, 01.06.2021, 11.00-11.45 Uhr
Kristina Holm
Wissenschaftliche Mitarbeiterin M. Sc.Moderation
Linda Karrer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin M. Sc.Betreuung Chatroom & Fragen
Mit der Webinar-Reihe „Science Watch LIVE“ bieten wir einen zusätzlichen Service zu unserem monatlichen Newsletter digiDEM Bayern Science Watch, in dem wir wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Demenzforschung bereitstellen.
Vor dem Hintergrund massenhaft verbreiteter Halbwahrheiten und Fake News, aktuell zum Beispiel über das neue Corona-Virus, ist gerade jetzt evidenzbasierte Wissenschaft gefragt. Es ist wichtiger denn je, wissenschaftliche Erkenntnisse so zu vermitteln, dass sie für die Gesellschaft verständlich sind und ein Austausch darüber gefördert wird. Dazu möchten wir als digiDEM Bayern-Projektteam beitragen, jetzt auch mit digiDEM Bayern Science Wach LIVE.