Von der ersten Alzheimer-Patientin Auguste Deter bis hin zu digitalen Anwendungen für Menschen mit Demenz: Bei der Podiumsdiskussion „Demenz und Digitalisierung“ am 18.09. im Nürnberger Marmorsaal schlugen die Expert*innen einen großen Bogen und beleuchteten das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
digiDEM Bayern hatte interessierte Bürger*innen im Rahmen der ersten Bayerischen Demenzwoche zu der Veranstaltung eingeladen. Im Mittelpunkt standen die Fragen: Demenz und Digitalisierung – wie passt das zusammen? Wie können digitale Angebote helfen, die Versorgung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zu verbessern?
Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas, Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Health Technology Assessment und Public Health der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, machte zunächst deutlich, welche große Herausforderung der Anstieg an Demenzerkrankungen für die Gesellschaft bedeutet. 300.000 neue Fälle würden in Deutschland pro Jahr gezählt. Er stellte auch die prognostizierte Zunahme von Demenzbetroffenen in den sieben Regierungsbezirken Bayerns bis zum Jahr 2036 dar und verwies auf die Kosten, die mit der Versorgung verbunden sind.
Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas: „Demenz – Herausforderung für das 21. Jahrhundert“
Wie das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Betroffene und deren Angehörige unterstützt, erläuterte Dr. Andrea Bobersky. Sie stellte die 2013 beschlossene Bayerische Demenzstrategie vor, die einen interministeriellen Ansatz verfolge und stetig weiterentwickelt werde. In den zehn Handlungsfeldern gebe es mittlerweile eine Vielzahl von Projekten, darunter im Handlungsfeld 9 „Grundlagen- und Versorgungsforschung“ zum Beispiel das „Digitale Demenzregister Bayern“ sowie die Vorgänger-Studie „Bayerischer Demenz-Survey“.
Welche Rolle die Digitalisierung insgesamt im Gesundheitswesen spielt, zeigte Michael Reichold MSc., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Medizinische Informatik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Als Gründe für eine digitaler ausgerichtete Versorgung nannte er die demografische Entwicklung und die damit einhergehenden steigenden Kosten im Gesundheitsbereich: Während sie sich in Deutschland im Jahr 1992 auf 159,5 Millionen Euro beliefen, lagen sie 2017 bereits bei 374,2 Millionen Euro.
Michael Reichold MSc.: „Digitalisierung im Gesundheitswesen“
Wie kommen digitale Anwendungen von der Forschung zum Patienten? Das erklärte Prof. Dr. med. Jochen Klucken anhand anschaulicher Beispiele und ging dabei auch auf das „Digitale Versorgung Gesetz“ (DVG) ein, das im Januar 2020 in Kraft treten soll. Es sieht vor, dass ausgewählte Apps bzw. digitale Anwendungen per Rezept vom Arzt verschrieben werden können. „Das ist wirklich ein disruptiver Schritt, der da stattfindet“, betonte der medizinische Direktor des Medical Valley Digital-Medizinischen Anwendungs-Centrums (dmac).
Prof. Dr. med. Jochen Klucken: „Digitale Angebote – von der Forschung zum Patienten“
Als konkretes digitales Projekt stellte Prof. Dr. med. Elmar Gräßel digiDEM Bayern vor. Der Leiter des Zentrums für Medizinische Versorgungsforschung an der Universitätsklinik Erlangen erläuterte, wie die geplanten digiDEM Bayern Angebote Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen helfen können, zum Beispiel durch digitale Therapieformen und einen Wegweiser Demenz, der einen standortbezogenen Überblick über die Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort bietet. Zudem solle eine „Risiko-Ampel“ pflegenden Angehörigen die eigene Belastung bewusst machen. „Wir wollen erreichen, dass pflegende Angehörige frühzeitiger an Unterstützungs- und Entlastungsbedarf denken und danach handeln!“